Bias / Verzerrung
1. Bestätigungs- und Wahrnehmungsverzerrungen
Confirmation Bias (Bestätigungsfehler)
Beschreibung: Die Neigung, Informationen zu suchen oder zu interpretieren, die die eigenen Überzeugungen bestätigen, und gegenteilige Informationen zu ignorieren.
Beispiel: Ein Anleger liest nur positive Nachrichten über eine Aktie, in die er investiert hat, und ignoriert Warnsignale.
Anchoring Bias (Anker-Effekt)
Beschreibung: Die Tendenz, sich bei Entscheidungen zu stark auf die erste erhaltene Information (den "Anker") zu stützen.
Beispiel: Bei Preisverhandlungen beeinflusst der zuerst genannte Preis die weiteren Angebote maßgeblich.
Availability Heuristic (Verfügbarkeitsheuristik)
Beschreibung: Ereignisse, an die man sich leicht erinnern kann, werden als häufiger oder wahrscheinlicher angesehen.
Beispiel: Nach Berichten über Flugzeugabstürze schätzen Menschen die Gefahr des Fliegens höher ein als die des Autofahrens.
2. Urteils- und Entscheidungsverzerrungen
Overconfidence Bias (Selbstüberschätzung)
Beschreibung: Die Neigung, die eigenen Fähigkeiten oder das Wissen zu überschätzen.
Beispiel: Ein Trader glaubt, den Markt dauerhaft schlagen zu können, trotz statistischer Unwahrscheinlichkeit.
Hindsight Bias (Rückschaufehler)
Beschreibung: Die Tendenz, nach einem Ereignis zu glauben, man hätte es vorhersehen können.
Beispiel: Nach einem Börsencrash behaupten einige, sie hätten die Anzeichen erkannt, obwohl sie andauernd, auch wenn keiner war, von einem Crash sprachen.
Sunk Cost Fallacy (Fehlinvestitionsfalle)
Beschreibung: Das Festhalten an Entscheidungen aufgrund bereits getätigter Investitionen, unabhängig vom zukünftigen Nutzen.
Beispiel: Weiterführung eines unwirtschaftlichen Projekts, weil bereits viel Geld investiert wurde.
3. Soziale Verzerrungen
Authority Bias (Autoritäts-Bias)
Beschreibung: Die Tendenz, Aussagen von Autoritätspersonen unkritisch zu akzeptieren.
Beispiel: Befolgung eines unethischen Befehls eines Vorgesetzten ohne Hinterfragung.
Ingroup Bias (Eigengruppenverzerrung)
Beschreibung: Bevorzugung von Personen, die der eigenen sozialen Gruppe angehören.
Beispiel: Ein Teamleiter fördert Kollegen aus seiner Abteilung stärker als andere.
Bandwagon Effect (Mitläufereffekt)
Beschreibung: Die Neigung, eine Meinung oder ein Verhalten anzunehmen, weil viele andere es tun.
Beispiel: Kauf eines Produkts, weil es gerade im Trend liegt, ohne eigene Recherche.
4. Selbstwahrnehmungsverzerrungen
Self-Serving Bias (Selbstwertdienliche Verzerrung)
Beschreibung: Erfolge werden den eigenen Fähigkeiten zugeschrieben, Misserfolge äußeren Faktoren.
Beispiel: Ein gutes Prüfungsergebnis wird auf Intelligenz zurückgeführt, ein schlechtes auf einen unfairen Lehrer.
Dunning-Kruger Effect
Beschreibung: Menschen mit geringem Wissen überschätzen ihre Kompetenz, während Experten ihre Fähigkeiten unterschätzen.
Beispiel: Ein Anfänger hält sich für einen Experten, während ein Profi an seinen Fähigkeiten zweifelt.
Optimism Bias (Optimismusverzerrung)
Beschreibung: Die Annahme, dass einem selbst eher positive Ereignisse zustoßen als negativen.
Beispiel: Ignorieren von Gesundheitsrisiken, weil man glaubt, nicht betroffen zu sein.
5. Gruppen- und Verhaltensverzerrungen
Groupthink (Gruppendenken)
Beschreibung: Die Tendenz von Gruppen, Konsens zu suchen und dabei alternative Ideen zu unterdrücken.
Beispiel: Ein Team trifft eine schlechte Entscheidung, weil niemand den Mut hat, Einwände zu erheben.
Social Proof (Soziale Bewährtheit)
Beschreibung: Orientierung am Verhalten anderer, besonders in unsicheren Situationen.
Beispiel: Wahl eines Restaurants, weil es voll ist, in der Annahme, es müsse gut sein.
Herd Behavior (Herdenverhalten)
Beschreibung: Das Nachahmen des Verhaltens einer größeren Gruppe, oft irrational.
Beispiel: Panikverkäufe an der Börse, weil alle anderen auch verkaufen.
6. Emotions- und Risikoverzerrungen
Loss Aversion (Verlustaversion)
Beschreibung: Verluste werden stärker empfunden als gleichwertige Gewinne.
Beispiel: Ein Anleger vermeidet risikoreiche Investitionen aus Angst vor Verlusten, obwohl sie hohe Renditen versprechen.
Framing Effect (Rahmeneffekt)
Beschreibung: Die Art und Weise, wie Informationen präsentiert werden, beeinflusst Entscheidungen.
Beispiel: Ein Medikament wird positiver bewertet, wenn es eine "90% Heilungsrate" hat, als wenn es bei "10% der Fälle nicht wirkt".
Status Quo Bias
Beschreibung: Die Präferenz für den aktuellen Zustand und die Ablehnung von Veränderungen.
Beispiel: Verbleib bei einem unvorteilhaften Versicherungsvertrag, weil der Wechsel Aufwand bedeutet.
7. Erinnerungs- und Wahrnehmungsverzerrungen
Recency Bias (Rezenzeffekt)
Beschreibung: Aktuelle Informationen werden stärker gewichtet als ältere.
Beispiel: Ein Manager beurteilt die Leistung eines Mitarbeiters hauptsächlich anhand der letzten Woche.
Negativity Bias (Negativitätsverzerrung)
Beschreibung: Negative Informationen beeinflussen stärker als positive.
Beispiel: Ein einziger negativer Kommentar überschattet viele positive Rückmeldungen.
Halo Effect (Halo-Effekt)
Beschreibung: Eine positive Eigenschaft einer Person beeinflusst die Wahrnehmung anderer Eigenschaften.
Beispiel: Eine attraktive Person wird als kompetenter wahrgenommen.
8. Ökonomische Verzerrungen
Endowment Effect (Besitztumseffekt)
Beschreibung: Eigene Besitztümer werden höher bewertet als gleiche Gegenstände, die man nicht besitzt.
Beispiel: Höhere Preisvorstellung beim Verkauf des eigenen Autos als der Marktwert.
Money Illusion
Beschreibung: Konzentration auf nominale Beträge statt auf reale Werte unter Berücksichtigung der Inflation.
Beispiel: Sich über eine Gehaltserhöhung freuen, obwohl die Inflation den realen Wert ausgleicht.
Sunk Cost Fallacy (Fehlinvestitionsfalle)
Beschreibung: Bereits getätigte Investitionen beeinflussen aktuelle Entscheidungen unangemessen.
Beispiel: Fortsetzung eines verlustreichen Projekts, weil man schon viel investiert hat.
9. Logik- und Denkfehler
Gambler's Fallacy (Spielerfehlschluss)
Beschreibung: Glaube, dass vergangene Ereignisse zukünftige Wahrscheinlichkeiten beeinflussen.
Beispiel: Nach fünfmal "Kopf" beim Münzwurf erwarten, dass nun "Zahl" kommen muss.
Correlation vs. Causation (Korrelation vs. Kausalität)
Beschreibung: Annahme einer Ursache-Wirkungs-Beziehung aufgrund von Zusammenhängen.
Beispiel: Steigende Eisverkaufszahlen und höhere Kriminalitätsraten im Sommer führen zu der Annahme, Eisessen verursacht Kriminalität.
Illusory Correlation (Illusorische Korrelation)
Beschreibung: Wahrnehmung einer Beziehung zwischen Variablen, obwohl keine besteht.
Beispiel: Annahme, dass Vollmond zu mehr Krankenhausaufenthalten führt.
10. Sonstige Verzerrungen
Placebo Effect (Placebo-Effekt)
Beschreibung: Positive Wirkung eines unwirksamen Mittels aufgrund der Erwartungshaltung.
Beispiel: Verbesserung von Symptomen nach Einnahme eines Scheinmedikaments.
Survivorship Bias (Überlebensverzerrung)
Beschreibung: Konzentration auf erfolgreiche Fälle und Ignorieren der gescheiterten.
Beispiel: Analyse von erfolgreichen Unternehmen und Vernachlässigung der vielen gescheiterten Start-ups.
Just-World Hypothesis (Gerechte-Welt-Annahme)
Beschreibung: Der Glaube, dass Menschen bekommen, was sie verdienen.
Beispiel: Opfer von Unglücken werden verantwortlich gemacht, um den Glauben an eine gerechte Welt zu erhalten.